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RE: Was ist eigentlich das prinzip einer reflux destille?
Von: Der Knut am 06.11.2014 17:59:04 | Region: Irgendwo anders
Hi ihr beiden,
Einspruch. Ihr werdet aufmerksam beobachtet, zumindest von mir. Ganz allein seid ihr also nicht :). Ich möchte mich weniger in die laufende Diskussion einmischen, sondern gerne nochmal zur ursprünglichen Frage des Threaderstellers zurückkommen. Achtung, das könnte jetzt ein sehr langer Beitrag werden.
Ok, mir war auch nie so ganz klar, wie eine Refluxdestillation eigentlich funktioniert. Durch wieder und wieder lesen eurer Beiträge ging mir aber so langsam aber sicher ein Licht auf. Zumindest vermute ich das... Deshalb theorisiere ich im folgenden mal ein wenig rum und hoffe, das ihr mir das bestätigen, oder mich
korrigieren könnt.
Also: Reflux!
Eine Refluxdestille dient grundsätzlich dem erzeugen von sehr reinem Alkohol. Wenn man danach googelt, findet man folgende Konzepte.
- Ein hohes Steigrohr, gefüllt mit z.B. Stahlwolle. Der aufsteigende Dampf (insbesondere Wasser) kondensiert an der Stahlwolle, tropft zurück. Sowas nennt man glaube ich Packung? Alkoholdampf, der später kondensiert als Wasser, steigt eher durch die Stahlwolle, das ergibt im Ende reineres Destillat, allerdings auch zum größten Teil geschmacksfrei
- ein hohes Steigrohr, durch das quer zwei bis vier dünnere Rohre laufen, durch die Wasser fliest. Ähnlicher Effekt wie oben, Dampf kondensiert, tropft zurück, der Alkoholdampf schafft es bis nach oben, Ergebnis ähnlich wie oben sehr reiner geschmacksneutraler Alkohol
Vermutlich geht auch eine Kombination aus beiden.
Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, was ihr damit meint, wenn ihr den Reflux zu- oder wegschaltet. Die beiden oben genannten Methoden lassen so etwas ja gar nicht zu.
Dann ist mir, glaube ich zumindest, ein Licht aufgegangen. Ihr benutzt keine reinen Refluxdestillen, sondern eher Multifunktionsdestillen. Ihr fahrt also einen wahlweise gemischten Modus, bei dem ihr während eines Vorgangs umschalten könnt. Somit habt ihr die Möglichkeit auch Aromabrände herzustellen, gleichzeitig aber Reflux zu benutzen. Das erreicht ihr, in dem ihr im Grunde zwei Liebigkühler verwendet. Einen senkrechten als Steigrohr, dies ist die Refluxeinheit. Nach dieser folgt dann ein weiterer, schräg abfallender Liebig, der letztlich das eigentliche Destillat erzeugt. Ihr bewegt euch mit euren Anlagen also schon im Grunde auf dem Level von professionellen Destillerien, die -zig Ventile und ähnliches eingebaut haben, um eine bessere Abtrennung zu erreichen.
Lieg ich damit richtig soweit? Wie gesagt, alles nur Theorie in meinem Kopf :)
Jetzt zum eigentlichen Prozess und dem was ich meine, aus eurer Diskussion verstanden zu haben. Mir ist nämlich noch nicht ganz klar wie das "scharfe" Abtrennen der einzelnen Fraktionen genau funktioniert. Auch hier hab ich mir was zusammengereimt und hoffe ihr könnt das bestätigen/korrigieren.
Abtrennung Vorlauf:
Das hat mir am meisten Kopfschmerzen bereitet. Ich vermute folgendes: Ab einer gewissen Temperatur fängt es an zu tropfen. Ihr gebt dabei Vollgas in der Refluxeinheit. Das bedeutet, ihr haltet die Dampftemperatur künstlich länger unter den 78°, ab denen der gute Ethanol zu tropfen beginnt. Erst wenn die DT trotz Reflux über die 78° steigt, beginnt ihr den Mittellauf aufzufangen. Dadurch erhaltet ihr die von euch oft angesprochene "scharfe" Abtrennung. Wie gesagt, ich hab mir das nur zusammengereimt, ob ich wirklich Recht habe, weiß ich nicht. Ich hoffe ihr könnt mich erhellen?
Mittellauf:
Den Mittellauf fahrt ihr für Aromabrände ohne Reflux, wobei das kein Muss ist. Dies dient der Energie- und Zeiteinsparung.
Abtrennung Nachlauf:
Gegen Ende der Destillation, ab einer bestimmten DT, welche ihr an Erfahrungswerten festmacht, schaltet ihr den Reflux wieder ein. Die Dampftemperatur sinkt dann z.B. von 90° auf 88°. Vorteil ist: Die guten Aromen kommen oft zum Schluss des Prozesses. Ihr zögert die Verarbeitung des letzten Teils der Destillation länger hinaus. So wird der Beginn des Nachlaufs also nach hinten geschoben, ohne die unerwünschten Geschmäcker des Nachlaufes mitzunehmen. Die Abtrennung wird dadurch abrupter, deshalb der Hinweis von Hydro auf Temperaturunterschiede im zehntel Grad Bereich.
Immer noch richtig soweit?
Das ganze kann man natürlich beliebig kombinieren, wie Hydro ja bereits am Anfang der Diskussion gesagt habt.
So, an dieser Stelle brech ich erstmal ab und hoffe auf eure Antworten. Ich hab eigentlich noch viel mehr Fragen, die ich aber erst stellen möchte, wenn sich das oben geschrieben bestätigen sollte.
Vielen Dank und ich hoffe auf eine angeregte Diskussion :)
Danke,
der Knut