Die Destillation von Schnaps

Möchten Sie mit anderen Ihre Erfahrungen zur Destillation von Schnaps austauschen? In diesem Forum dreht sich alles um das Schnapsbrennen als Hobby. Bitte beachten Sie unsere Forenregeln (siehe Hilfreiche Tipps zur Benützung).

Beitrag:

RE: Was ist eigentlich das prinzip einer reflux destille?
Von: Hydroxyethan am 22.09.2014 16:24:57 | Region: Europa
Lieber Wo!

Na ja, durch die Länge der Kolonne (und mithin der Wärmekapazität und dem auch bei Isolierung vorhandenen Energieverlust) und die ja noch vorhandene Packung hast Du durchaus eine Trennleitung, die Deine Beobachtung ja bestätigt. Für echten Neutralen reicht diese aber nicht. Die Kolonne ausschließlich zur Vorlaufabtrennung zu benutzen, abkühlen zu lassen, den Kopf auf Potstill zu wechseln und klassisch weiterzubrennen ist sicher möglich, in meinen Augen aber nicht wirklich sinnvoll, da Du damit die ja auch im Nachlaufbereich interessante Trennungsmöglichkeit aufgibst. Dann also WIEDER umbauen? Es gibt Leute, die einen Kombibetrieb wünschen. Die bauen einen Schieber UNTER der Kolonne ein, der eine Damfableitung unter Umgehung der Kolonne im Betrieb ermöglicht. Halte ich nicht für sinnvoll, warum auf die Trennleistung verzichten, wenn man sie hat? Zum Zeit/Energiesparen im Mittelbereich reicht doch eine Refluxabschaltung (In Deinem LM-Fall also eine vollständige Kondensatfallenleerung bei voll geöffnetem Nadelventil) völlig aus.

Nein, ich beurteile sie nicht ungeordnet, schon in der Reihenfolge, wie ich sie abziehe. Dabei ist nicht die Menge ausschlaggebend, die variiert je nach enthaltener Stoffmenge, sondern die Dampftemperatur. Die schreibe ich als Anhaltswert mit fortlaufender Nummerierung auf die einzelnen Flaschen/Gläser. (Mit Edding übrigens, der sich mit Konz. Alk nachher ganz leicht wieder abwischen lässt) Meist in 0,5°- Schritten gegen Ende, manchmal auch enger, je nach Maischemenge und Absolutheitsanspruch, der bei mir nicht immer gleich stark ausgeprägt ist ;) .

Zitat: 1. Ab 89° hole ich Fraktionen so wie bei einer Potstill, die erste bis 89.5°, die zweite bis 90° usw. Diese Fraktionen hole ich jeweils in ähnlichen ml durch Steuerung des Ventils. Beim nachträglichen Probeverkosten ergibt sich eine Schnittstelle (zB bei 92°), ab der ich auf Nachlauf entscheide.

Voller Reflux über die komplette aromainteressante Temperaturbreite ist die Luxusvariante, dauert aber lang. Auch da Chargen wie bei Pot-Still (nur gegen Ende) bilden und dann zum gewünschten Punkt wieder zusammenkippen. Reflux nur im interessanten Trennbereich am Anfang und gegen Ende ist allerdings auch meine Sandardvorgehensweise bei Aromabränden. Die sich ergebenden ml. sind aber uninteressant! Ist nur noch wenig Alkohol in der Maische, steigt auch bei max. Reflux zwangsweise die DT, irgendwann ist durch Refluxerhöhung die DT nicht mehr unten zu halten. Drehst Du in der Phase den Reflux ab, explodiert die DT! Bei den Schnitten gegen Ende arbeite ich übrigens OHNE (bzw. bei geöffneter oder jeweils geleerter) Vorlage, um ein Verschmieren zu vermeiden.

Zitat: 2. Ich entscheide mich während (durch Verkosten?) oder vor (durch Erfahrung) dem Brennen für eine Temperatur, bei der ich in etwa bleiben möchte, zB 90°. Ich muss also mit der Zeit den Reflux erhöhen, dadurch rinnt das Destillat dann langsamer. Ich hole nacheinander ein paar kleine Chargen und werde mich dann entscheiden, daß zB ab der fünften alles in den Nachlauf kommt.

Genau, so mach´ ich´s meist. Wobei Du Anfangs Deine Max-Temp. gerade mit Reflux nicht erreichen wirst, solange noch genügend Alk im Kessel ist.

Zitat: 3. Ich hole durcheinander verschiedene Fraktionen mit diversen Temperaturen und entscheide dann irgendwann einzeln, was von diesen sehr unterschiedlichen Proben gut oder nicht gut ist.

Durcheinander ist nie gut. Lass die Kolonne im Pseudoequilibrium alle Komponenten nacheinander abarbeiten, so arbeitet sie am Besten. Aber möglich ist natürlich auch das!

Ein Erfahrungstip: Wenn Du die Endschnitte beurteilst, nicht vergessen, dass Du "Konzentrate" bewertest, das heisst: Was da bei Dir womöglich schon durchfällt, ist in der Verdünnung mit der ja sehr reinen/neutralen Vorfraktion durchaus noch gut, vielleicht sogar erwünscht! Und auf Trinkstärke einstellen tust Du ja auch noch! Wenn Du Dir nicht sicher bist und Du das Risiko vermeiden willst, musst Du kleinvolumige Tests machen, das ist aber sehr aufwändig. Ich mach das mit Erfahrungswerten, nach einiger Zeit hast Du eine recht gute Antizipation des potentiellen Ergebnisses. Und wenn Du Dich tatsächlich mal bei einer teuren Maische verhaust (ist mir natürlich auch schon passiert)... Egal! Energie investieren und einfach noch mal auseinanderdröseln, kein Problem! Geht dann natürlich aufgrund der höheren Prozente und schon erfolgter Schnitte schneller.

Bei Pot-Still gibt es nur einen Weg, bei Reflux derer viele, das ist ja das Spannende. UND Du hast die doch SEHR charmante Neutralalk-Option :D!

Gruß Hydroxyethan (der jetzt Birnen matschen geht und das zweite Fass füllt... so viel Arbeit... und das im Urlaub! )
Der Beitrag auf den Sie antworten wollen steht oberhalb.

Auf Beitrag antworten

Name:
E-Mail:
Region:
Title:
Bitte geben Sie einen aussagefähigen Titel ein.
Um mehrere Bilder hochzuladen, bitte einfach mehrere Bilder auswählen.