Die Destillation von Schnaps

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RE: Aussalzen
Von: Hydroxyethan am 03.12.2015 19:22:00 | Region: Europa
Nun, ich versuch´s mal "einzudampfen":

1. Das Siedediagramm
gibt das "Konzentrationsverhältnis" (X) eines Stoffgemisches abgetragen auf die Temperatur (Y) an. Die eine Kurve ist die Siedekurve, die andere die Taupunktkurve. Am Azeotrop-punkt (wenn es denn einen gibt, muss nicht sein) berühren sich die zwei Kurven, das heißt: bei diesem Stoffverhältnis geht von beiden Stoffen gleich viel in die dampfförmige Phase über. Oder: Der Siedepunkt des Gemisches liegt UNTER den Siedepunkten der Einzelkomponenten. Es herrscht keine Konzentrationsdifferenz mehr zwischen flüssiger und dampfförmiger Phase, eine Trennung ist nicht mehr möglich. Sieht man sich das Siedediagramm für Alkohol und Wasser an, so erkennt man, dass es einen "Optimalbereich" gibt, in der die Trennung am effektivsten fluppt, das sind so zwischen 20 und 70 Gewichtsprozent Mischungsverhältnis. Mit einem resultierenden Siedetemperaturbereich von roundabout 84-88°c. Na, passt ja. Jetzt wird auch klar, warum es mit einem 5% Bier (das eine Ende der Kurve) so schlecht mit der Aufkonzentration klappt. Und auch, warum die letzten Prozente bis zum Azeotrop-punkt die fiesen, schwierigen sind. Da brauche ich schon viiile HTU/HETP um weiterzukommen. Oder auch, warum Potstiller mit einer hochgradigen Maische glücklicher sind. Soweit mal dazu.

2. Das Salz
macht eigentlich nix anderes, als physikalisch (fast) nur das Wasser im Kessel etwas zurückzuhalten. Deshalb hat Salzwasser einen höheren Siedepunkt. Und jetzt wird's haarig. An der Taukurve verändere ich nichts, die bleibt. Auch die Siedekurve bleibt wie sie ist, also das Siedediagramm. ich verrücke aber das "Stoffverhältnis". Die komplette Siedelinse wird horizontal verschoben. Verhält sich also so, als hätte die Suppe etwas mehr Prozente. Wie Wasser raus nehmen. Also steigt die Effektivität.

3. Für Pot-stiller
(eine theoretische Platte) kommen also auch hinten mehr Prozente raus, weil sie in den optimaleren/effektiveren Bereich kommen.

4. Für Rektifizierer
erhöht sich damit ein bisschen die Höhe ihrer Kolonne, sie gewinnen vielleicht eine virtuelle Platte.

5. Dummerweise lässt dieser Salzeffekt bei steigender Temperatur nach, da kommt einfach zu viel Bewegung/Unordnung in die Suppe, die Hydrathüllen werden sozusagen zerfetzt. Wie beim Billard. Wieder so ne Entropiesache. Hängt auch vom verwendeten Salz ab, in wie viele Ionen es dissoziiert, wie die Löslichkeitskurve bei steigenden Temperaturen verläuft,...

Fazit:

- Bringt was, aber nicht die Welt.
- Für Pot-Leute interessanter.
- Man braucht VIEL Salz, idealerweise mehr, als sich bei 20° löst.
- Die Entsorgung gestaltet sich schwierig, Kompost ist dann nicht mehr.
- Schwer einzuschätzen, was das Salz sonst noch so macht, je nach Salz, z.B. über den pH.
- Korrosion wird durch erhöhten Leitwert begünstigt, wie ja von Dir erwähnt.
- Ist teuer

Was mein damaliges Experiment betraf: Das ist eeeeewig her, ich weiß nur noch, dass es tatsächlich was gebracht hat, war nach einer Destillation trinkbar. Ausgangsprozente? Handelsübliches Gösser Osterbock. Pottaschemenge? Was der Apotheker noch hatte, ein paar Kilo. Auf welche Biermenge? Sorry, weiß ich nicht mehr, einige Liter. Endprozente muss ich ebenfalls passen. War damals mehr interessierter Laie, aus heutigem Sichtwinkel. Hielt mich aber für so was von schlau... jugendliche Naivität, hi, hi... Aber kram doch mal Deinen alten Pot-Kopf aus und mach ein standardisiertes Kleinmengenexperiment mit ein paar Liter Zuckerplörre, wenn Du magst. Die Ergebnisse würden mich durchaus interessieren. Vllt NaCl und K2CO3 im Vergleich?

So, mehr fällt mir dazu nicht ein, vielleicht kann ja unser Whiskyleerer (als alter Chemiedidaktiker) oder Sergej eine griffigere/allgemeinverständliche Erklärung liefern. Oder Fehler in meinen "hingerotzten" Überlegungen korrigieren :)

mit Kopfweh, das Hydroxyethan

PS: Azeotroprektifikation findet in einem geschlossenen Kreislauf HINTER der stattgefundenen normalen Rektifikation statt, gibt irgendwo im Netz eine nette Prozessgrafik dazu (von Wilfried Cordes aus Oldenburg, ist in meinem alten Homedistillerthread verbastelt...)
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