Die Destillation von Schnaps

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RE: Unangenehme Schärfe im Brand
Von: Hubert am 21.08.2024 12:52:55 | Region: Hietzing

Ganz schön viel Aufwand für einen scharfen Schnaps. Ein Großteil Deiner Maßnahmen sind eher dem esoterischen Bereich zuzuordnen, wenn Du deinen Arbeitsablauf ordentlich straffst und vereinfachst, wird der Schnaps zwar nicht besser, aber jedenfalls nicht schlechter werden als jetzt.

Wie Schmickl in seinen Büchern und online-Präsentationen immer wieder betont, gibt es zwei nennenswerte, unerwünschte Nebenprodukte beim Gären:

- Ethylacetat: erzeugt den typischen essigartigen Beigeschmack eines Zwetschkenbrandes bzw. Obstlers. Der Schnaps schmeckt "wie vergoren", leider ein sehr häufiger Geschmacksfehler. Abhilfe sehr einfach: sauberes Arbeiten, sowie Säureschutz und - sehr wichtig - Reinzuchthefe zugeben (eigentlich egal welche).

- Acetaldehyd: ist für die Schärfe verantwortlich und da sind wir jetzt beim Thema. Z.B. in Wikipedia "alkoholische Gärung" ist die detaillierte (!) Gärungsreaktion der Hefe mit Zucker angegeben. Demzufolge ist Acetaldehyd ein Zwischenprodukt der Gärung, d.h. aus Zucker macht die Hefe zuerst einmal Acetaldehyd und daraus dann erst den Ethanol. Daher: je vollständiger die Maische ausgegoren, desto weniger Schärfe im Schnaps. Optisch eindeutig erkennbar mit dem Vorlaufabtrennungstest von Schliessmann. Wird "in der abklingenden Gärung" gebrannt, ergibt sich beim Test undurchsichtiges Schwarz, der Aldehydgehalt ist also dermaßen hoch, dass er vom Test nicht einmal mehr sinnvoll angezeigt werden kann, die Farbskala reicht eigentlich von gelb bis dunkelgrün...
Je länger man die Maische also ausgären lässt, desto weniger Aldehyd. Für eine vollständige Umwandlung in Ethanol (und damit möglichst geringe Schärfe) können herkömmliche Maischen aber leider nicht lange genug gelagert werden, weil Sie nicht haltbar sind. Die Gärung ist aber noch lange nicht zu Ende wenn es "im Gärspund nicht mehr blubbert". Daher am besten Mittelweg finden und nachdem alle Feststoffe zu Boden gesunken sind (also Gärung nahezu beendet), weitere zwei bis drei Wochen warten (aber keinesfalls länger!) und dann das Ganze in die Destille füllen und brennen. Deswegen gibst Du ja auch das Biogen M dazu (Säureschutz), damit man eben nicht "in der abklingenden Gärung" brennen muss, weil Maische nicht einmal zwei Wochen haltbar wäre.
Anmerkung: Hochgradige Maischen haben den Vorteil, dass sie lagerfähig sind, werden mit der Zeit sogar immer besser, daher solche Maischen erst nach mindestens (!) 6 Monate Lagerzeit brennen, dann hat sich das Aldehyd fast vollständig abgebaut, und bei den ersten Tropfen die beim Kühler rausrinnen ergibt der Vorlauftest eine Farbe zwischen gelb und hellgrün. Solche Maischen sind somit vollkommen vorlauffrei und entsprechend ohne Schärfe.
Zurück zu herkömmlichen Maischen: da diese so früh gebrannt werden müssen, nochmals, weil sie sonst verderben, entsteht auch immer Vorlauf, welcher nach allen Regeln der Kunst abgetrennt werden muss. Wie genau, ist eine andere Geschichte... Jedenfalls sind solche (immer noch scharfen) Brände zumindest zwei bis drei Jahre entsprechend zu lagern, damit sich der scharfe Geschmack im Lauf der Zeit langsam abbauen kann. Auch das ist eine eigene Geschichte, jedenfalls genügt es nicht, die Flaschen voll zu füllen luftdicht zu verschließen und mehrere Jahre zu vergessen. Flaschen nur ca. 2/3 bis max. 3/4 befüllen, regelmäßig belüften, beim Verdünnen künstliches Altern nicht vergessen, usw. Das alles ist aber im Schmickl-Buch sehr detailliert und ausführlich beschrieben.

Wünsche gutes Gelingen!

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