Die Destillation von Schnaps

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Angesetzten destillieren - Nachlauf?

Krischan am 19.08.2009 13:50:50 | Region: Mecklenburg-Vorpommern
Mal der Reihe nach:

1.) Ich habe Zuckermaische destilliert und daraus Vorlauf und Nachlauf (ab 91°C) abgetrennt.

2.) Mit dem Mittellauf habe ich Anfang Juli einige Kilo grob zerquetschter Kirschen (Kerne sind unbeschädigt mit im Gefäß) angesetzt.

3.) Eine Kostprobe des Ansatzes hat mich gestern regelrecht entzückt: Herrliches Aroma! - Nun möchte ich gerne destillieren.

Und jetzt meine Frage:

Bis zu welcher Kopftemperatur soll ich destillieren?

Der bei der Vergärung entstandene Nachlauf ist ja bereits abgetrennt. Entsteht beim Ansetzen neuer Nachlauf der wieder abgetrennt werden muß?

Darf ich also nur bis 91°C destillieren oder kann ich bis auf 97°C gehen?

Ich bin für jede hilfreiche Antwort dankbar!


Gruß!

Krischan

RE: Angesetzten destillieren - Nachlauf?

were am 20.08.2009 14:42:35 | Region: eu
Ich bin ja noch recht neu dabei, aber ich versuche mal das so zu erklären, wie ich das verstanden habe:

Der Nachlauf ist kein "schlechterer" Alkohol, aber wenn die Alkoholkonzentration in der Brennblase abnimmt, steigt der Siedepunkt des Gemisches an. Bei Temperaturen über 91Grad wird das Ganze so warm, dass durch die Temperatur die Aromastoffe verfälscht oder zerstört werden. Zu merken ist das hauptsächlich am Geschmack.

Ich habe allerdings bei verschiedenen Versuchen den Verdacht, dass diese Grenze auch nicht so sehr an der Temperatur sondern umso mehr an den eigenen Geschmacksnerven festgemacht werden sollte.
Je nach Ausgansstoff müssen doch auch die Aromastoffe leicht verschiedene Eigenschaften haben. So habe ich beim Kirschenbrand ziemlich genau bei knapp über 90Grad (58Vol%) eine abrupte Geschmacksänderung feststellen können, wärend ich beim Aprikosengeist noch bei 93Grad(43 Vol%) einen angenehmen Geschmack im Destillat hatte und den Teil nur ungern und mit Zweifeln in mein Nachlauf Sammelgefäß geschüttet habe.

Allgemein schliesse ich mich den vielen erfahrenen Brennern hier an: Kriterium1 ist der Geschmack, Kriterium2 der Alkoholgehalt und die Temperatur ist nur das letzte in der Entscheidungskette.

Merke: Versuch macht kluch und schädlich ist ja nur der Vorlauf, der Nachlauf kann getrennt gesammelt, mit Mittelbrand verschnitten oder einzeln verkostet und verglichen werden!

Viel Spass dabei!

RE: Angesetzten destillieren - Nachlauf?

Gerd am 21.08.2009 11:13:13 | Region: Ostfriesland
Moin were!

Schöner Beitrag, were!

@Nachlauf: Präzise und anschaulich erklärt.
Sehr gut beobachtet, dass der Beginn des Nachlaufs nicht an starren Temperaturgrenzen festgemacht werden kann, sondern nur mit wachen, gesunden Sinnen "erfühlt" werden kann und von Frucht zu Frucht und Brand zu Brand verschieden ist.
Das zeigt auch die Notwendigkeit, das Destillat in Abständen in einzelnen Gefäßen aufzufangen und anschließend die Qualität zu prüfen.

@ ...die Temperatur ist nur das letzte in der Entscheidungskette.
So ist es!

@Versuch macht kluch
Das Motto bringt uns weiter und sollte sich mancher bequemer Dummfrager hinter den Spiegel stecken.

Wenn Du tatsächlich erst kurz dabei bist: Alle Achtung! Du hast erkannt, worauf es ankommt!

Ich freue mich auf weitere Beiträge von Dir.

Mit freundlichen Brennergrüßen aus Ostfriesland

Gerd

RE: Angesetzten destillieren - Nachlauf?

were am 22.08.2009 19:18:26 | Region: eu
Habedirehre, Gerd...;)

Zuerst habe ich ja über die Vorstellung mit den vielen Gläschen gelächelt, mittlerweile gehören einige Stapel Schnapsglaserl zu meiner Ausrüstung.

Meinen ersten Brennversuch habe ich Anfang Juli gestartet. Vorher natürlich viel gelesen, aber nicht praktisch erprobt.

Zum Thema Versuche: Ich besitze einen regen "Spieltrieb" und bin ziemlich neugierig. Darum gluckern nun auch ein paar Birnen und einige Liter Zuckerschnaps bei mir vor sich hin. Sobald ich genügend Gefäße habe will ich erproben, ob an dem Gerücht, Schokoladenschnaps zu erhalten, wenn man dem Zuckeransatz Schokolade zugibt etwas dran ist.

Und dann gibt es ja noch so viel mehr zu erproben!
Nächste Woche gehe ich mir einige kleine Ballons besorgen, denn ich kann unmöglich von Allem, was ich versuchen will gleich 10, 20 oder mehr Liter ansetzen, soll ja nicht in Arbeit ausarten.

Ihr werdet bestimmt ab und an wieder von meinen Versuchen hören.

RE: Angesetzten destillieren - Nur die Früchte!

Gerd am 21.08.2009 12:41:14 | Region: Ostfriesland
Moin Krischan!

@ Eine Kostprobe des Ansatzes hat mich gestern regelrecht entzückt: Herrliches Aroma!

Wenn Du vom Geschmack Deines Angesetzten so besteistert bist, kann der Brand dessen nach meiner Erfahrung nur eine Enttäuschung werden.

In unserer Gegend in Ostfriesland hatte der Ansatz von ganzen Sauerkirschen in Korn oder "Ostfriesischem Branntwein" (gefärbter und etwas aromatisierter Korn als Weinbrandersatz) in Weinballons lange Tradition. Im Frühjahr, wenn das Flüssige über Winter getrunken war, wurden die durch die Alkoholeinwirkung völlig dehydrierten, verschrumpelten zurückgebliebenen Kirschen als Abfall auf den Misthaufen geworfen.
Wir als Kinder wunderten uns dann über das seltsame Verhalten unserer Hühner und die Erwachsenen kriegten sich vor Lachen nicht wieder ein. Naja, Fernsehen und sonstigen Mist gab's ja damals noch nicht.
Jedenfalls kam einer unserer Kumpel mal auf die Idee zu erforschen, was da wohl auf dem Misthaufen geworfen worden war, was diese Wirkungen verursachte und ja gar nicht so schlecht roch. Kurz: Wir haben uns daran gütlich getan. Ich erinnere mich nur noch daran, dass mir am nächsten Tag das Hinterteil etwas schmerzte. Nicht von den Kirschen, sondern von etwas anderem...

Das waren noch Zeiten, als man sich über besoffene Elfjährige noch aufregte, es nicht schulterzuckend hinnahm und unverzüglich entsprechende Gegenmaßnahmen mit sehr nachhaltiger Wirkung einleitete.

Genug geplaudert, man verzeihe es mir. Fiel mir gerade so ein.

Ich setze natürlich diese Tradition fort. Nur werfe ich die übrig bleibenden Früchte nicht weg, sondern gebe sie in die Brennblase (10 l Topf) Auf knapp 10 l Kirschen gebe ich 1 bis 2 l Wasser, soviel, dass es gerade während des Brennens nicht verkocht.
Das verdampfende Wasser zieht durch die alkoholisierten Kirschen und löst wie im Geistverfahren Alkohol und Aromen. Es ergibt sich ein wunderbarer Brand. Allerdings kommt als Gewürz Zimt sehr stark durch. Die Erfahrung ist auch zu machen, wenn man z.B. einen Weihnachtspunsch brennt.

Also mein Rat: Genieße Deinen wunderbaren Angesetzten als solchen und brenne nur die Kirschen. Der Geschmack müsste wie der Brand des Angesetzten sein. Und so hast Du beides!

Mit freundlichen Brennergrüßen aus Ostfriesland

Gerd