Die Destillation von Schnaps

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Meine neue Anlage und die ersten Versuche

Ben am 05.05.2014 21:54:17 | Region: Mitteleuropa
Hallo zusammen,

ich freue mich über dieses tolle Forum und hoffe Ihr habt noch ein paar Tipps oder Hinweise für mich oder auch nur Kommentare ob ich soweit alles richtig gemacht habe.

Meine selbstgebaute Anlage:
- Fleischtopf 24cm mit 6 Liter Volumen als Brennblase
- Deckel 24cm Edelstahl mit ausgestanztem Loch in der Mitte, in das ich eine Borddurchführung angebracht habe
- Darauf ein 90 Grad Edelstahlrohr mit Thermometer am höchsten Punkt
- Danach Liebigkühler aus Edelstahl

Die meisten Verbindungen (Borddurchführung zu 90 Grad Rohr, 90 Grad Rohr zu Liebigkühler) sind Flansche, abgedichtet mit PTFE Dichtungen. Um die Topf-Deckel Kombination abzudichten habe ich Teflonband verwendet.

Nun habe ich einen Testdurchgang mit Leitungswasser durchgeführt. Topf mit 3 Litern befüllt und losgeheizt. In ca. 2 Stunden habe ich 1,7 Liter Wasser abdestilliert. Temperatur am Termometer war durchgehend 96 Grad Celsius.

Jetzt zu meinen Fragen:
1. Ist die Konstruktion so passabel?
2. Passt die Temperatur am Thermometer oder sollte ich für die Alkoholdestillation Abweichungen einkalkulieren (also z.B. Richtwert +- X Grad)?
3. Während des Destillation pumpt die Anlage bzw. hört sich teilweise wie eine Dampflok an. Dampf dringt jedoch nicht aus und wenn ich am Destillatauslauf ein wenig Folie anbringe und damit den Ausflus verenge, ist es weg. Ist das irgendwie kritisch? Hab mir dazu auch Fachfrage 2876 durchgelesen...
4. Das von mir destillierte Wasser schmeckt etwas stumpf und richt irgendwie künstlich und zunächst dachte ich, das dies ja zu erwarten sei. Jedoch habe ich mal mit destilliertem Wasser aus dem Baumarkt verglichen und letzteres schmeckt viel neutraler. Ist das normal? Ist das destillierte Wasser aus dem Baumarkt einfach anders bzw. feiner produziert? Oder habe ich ein Problem mit meiner Anlage? Ich habe das gleiche Erlebnis auch mit ner Alembik Kupferdestille gehabt...

zu 4.: Ich verwende ja nur Edelstahl und Teflon/PTFE als Dichtmaterial, daran liegts wohl nicht oder? Wahrscheinlich ist das normal?

RE: Meine neue Anlage und die ersten Versuche

der wo am 06.05.2014 15:18:04 | Region: da wer
Hallo Ben,

Rohre -auch Edelstahlrohre- sind nicht sauber, wenn sie von der Produktion kommen. Fittinge sind normalerweise recht sauber. Hast du mal einen Lappen durchgezogen? Es gibt auch verschiedene Ausführungen. Schlecht sind Konstruktionsrohre für den Geländerbau. Bei diesen ist die Schweißnaht nicht abgetragen und innen alles voll mit Anlauffarben. Die Reinigung ist durch die scharfkantige Naht erschwert und die Anlauffarben beeinträchtigen dein Destillat vielleicht noch lange... Gut sind Lebensmittelrohre aus Edelstahl, die Naht ist abgeschliffen und gebeizt.
Hast du gar nicht geschweisst oder gelötet?
Wie auch immer, du solltest erst einen Essigbrand und einen Alkoholbrand machen, vorher kannst du kein sauberes Ergebnis erwarten.

96°: Je nachdem, wo du wohnst (Seehöhe). Daumenregel, pro 300m Seehöhe -1°. Gilt natürlich nicht nur fürs Wasserdestillieren. Musst also wie du sagst vielleicht die Richtwerte korrigieren.

Pumpen: Kommt vom plötzlichen Kondensieren des Dampfes am Beginn des Liebigs. Schalte mal bei den Reinigungsbränden das Kühlwasser aus, dann wird es verschwinden (Ist sowieso zu empfehlen, Essig- und Alkoholdämpfe reinigen gut).
Abwarten, wie es beim richtigen Schnapsbrennen dann wird, vielleicht kommt es erst beim Nachlauf. Gut wäre eine kontinuierliche Verjüngung des Geistrohres (schwer zu konstuieren), eine möglichst starke Neigung des Kühlers, heißeres Wasser am Liebig oben (also weniger Wasser und dafür den Liebig größer dimensionieren), oder (habe ich aber noch nicht ausprobiert):
http://ww.homedistiller.org/forum/viewtopic.php?f=16&t=13473
oder nach "huffing" in diesem Forum suchen.
Also zB einen Edelstahlschrubber (zB aus dem Drogeriemarkt) zu einer Wurst ziehen und in den Anfang des Liebigs stecken.

Gruß, der wo

RE: Meine neue Anlage und die ersten Versuche

Ben am 06.05.2014 19:08:33 | Region: Mitteleuropa
Erstmal Danke für die ausführliche Antwort. Also die Konstruktion ist lebensmittelfreundlich hersgestellt (V2A Edelstahl) und entsprechende Verschweißungen.

Ich hab heute mal einen Durchlauf gemacht, indem ich das destillierte Wasser aus dem Baumarkt destilliert habe. Das Ergebnis war diesmal deutlich geschmacksärmer, fast wie das gekaufte destillierte Wasser, ohne jeden Geruch, nur leicht "stumpf" vom Geschmack.
Also scheint es auch am Leitungswasser zu liegen, dass dieses nach der Destillation noch deutlicher im Geschmack ist?!
Die Wasserdampftemperatur lag jetzt knapp über 96 Grad. Meine Höhe über NN ist 70 Meter.

Ich werd mal nen Vodka durchjagen und berichten, mal schauen was sich da tut.

RE: Meine neue Anlage und die ersten Versuche

der wo am 07.05.2014 11:24:45 | Region: da wer
Ich denke mir, deine Destille ist inzwischen einfach ein bisschen sauberer und daher das Ergebnis mit dem gekauftem Wasser besser.
Thermometer: Interessant wird es erst, wenn du beim Schnapsbrennen den aktuellen Alkoholgehalt misst und dir parallel die Temperatur notierst. Vielleicht ist das Thermometer zu hoch positioniert, vielleicht nicht gut geeicht, ist aber alles nicht wichtig, du musst deine eigenen Werte finden. Den Mittellauf beendet man zwischen 60 und 45% aktuellem Alkgehalt. Du musst herausfinden, welche Temperaturen bei diesen Werten angezeigt werden. Dann hast du zukünftig mit einem Blick den Überblick und den genauen Schnitt machst du sensorisch.

Edelstahlschrubber gegen Schnaufen, Dampflok, Pumpen etc.

der wo am 30.05.2014 18:54:17 | Region: da wer
Habe das jetzt mal ausprobiert...und es ist echt fantastisch, werde nie wieder ohne brennen. Ich habe von einem Edelstahlschrubber etwas abgeschnitten, daraus eine 10cm lange Wurst geformt, von der Dicke her so, daß ich sie ohne Gewalt oben in den Liebig schieben kann und daß sie aber auch nicht verrutscht.
Die Destille lief viel ruhiger und gleichmäßiger und ich habe wohl auch weniger Strom verbraucht.
Beim Nachlauf habe ich dann den Extremtest gemacht und sowohl die 2.2kW-Herdplatte voll aufgedreht als auch den Liebig mit viel zu viel Wasser beschickt...und nichts, außer sehr viel Destillat pro Zeit.

Ich könnte mir auch vorstellen, daß ein Stück Edelstahlschrubber in der Deckeldurchführung einen kleinen Schutz gegen Übergehen der Maische bieten könnte, zumindest gegen kleine Spritzer.
Gruß, der wo