Die Destillation von Schnaps

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Angst vor Methanol? Ethylcarbamat ist gefährlicher!

Sergey Fährlich am 01.11.2013 17:48:16 | Region: Eurasien
Gewöhnlich haben - vor allem Brennanfänger - große Angst vor Methanol und trennen deshalb den Vorlauf übergroßzügig ab, wobei am Anfang ja bekanntermaßen auch der "Geschmack" übergeht. Das Risiko bei einigermaßen sauberem Arbeiten an Methanol zu verenden, ist jedoch sehr gering. Dazu müsste man das Destillat in enormen Mengen trinken ...

Viel gefährlicher - weil ziemlich sicher zu Krebs führend - ist das Ethylcarbamat in Steinobstbränden (vor allem Pflaumen etc.). Untersuchungen haben gezeigt, dass die Gehalte an Ethylcarbamat bei den offiziellen Brennern nicht unbedeutend waren. Seit einiger Zeit laufen deshalb Aufklärungskampagnen, wie der Gehalt an Ethylcarbamat verringert werden kann. Ursache sind natürlich die Steine, weshalb einfachste Gegenmaßnahme das Einmaischen ohne Steine ist. Das wiederum führt zu geschmacklichen Defiziten. Habe mir deshalb den Schliessmann CYANID-Test besorgt, um dies mal zu prüfen. In der Tat kann man bei Pflaumenbrand Ethylcarbamat finden.

Wer sich informieren möchte: Einfach mal "ethylcarbamat" googeln, das Internet ist voll davon.

Was kann man tun?

Aus der Literatur ist bekannt, dass Silber- oder Kupfer-I-salze die Carbamatbildung gut unterdrücken (chemisch durch Bindung des freien Cyanids). Dies ist mit wenig Aufwand machbar.

In einem großen Online-Versandhaus sind Kupfer(II)-sulfat (als Pentahydrat, blaue Kristalle) und Natriumdisulfit erhältlich. Zu einer Lösung aus 30 g Kupfer(II)-sulfat-Pentahydrat und 10 g Natriumchlorid in 0,1 Litern 60-70 °C warmem Wasser, wird eine konzentrierte Lösung aus 5 g 90-95% reinem Natriumdisulfit gegeben. Es fällt ein weißer Niederschlag aus (Kupfer(I)-chlorid), der zügig abfiltriert (besser mit Vakuum abgesaugt) wird. Der Ansatz ergibt etwa 10g Kupfer(I)-chlorid.

Das so hergestellte Produkt ist an der Luft nicht stabil und färbt sich durch Oxidation langsam wieder blau, weshalb dies sofort weiterverarbeitet wird. Man gibt unmittelbar vor der Destillation etwa 10 Gramm Kupfer(I)-chlorid zu 10 Liter Maische. Dann wird gewöhnlich destilliert. Für andere Maischemengen müssen die Mengenverhältnisse müssen natürlich proportional angepasst werden.

Ethylcarbamatfreien Pflaumenbrand für alle!

S.F.

RE: Angst vor Methanol? Ethylcarbamat ist gefährlicher!

Hydroxyethan am 04.11.2013 16:43:29 | Region: Europa
Lieber Sergey!

Spitzenbeitrag! Habe Kerne eben wegen des Ethylcarbamates bis Dato immer entfernt, Schweinearbeit! Verfahren wird bei Gelegenheit kopiert?

Ja, ja, die wunderbare Welt der Chemie... :-)

MFG Hydroxyethan

RE: Angst vor Methanol? Ethylcarbamat ist gefährlicher!

Prunus am 05.11.2013 14:52:33 | Region: Ostpreusse
Hallo,

es gibt von einer Schweizer Hochschule einen Versuch einer Kupferanlage vers. Edelstahlanlage. Dort ist eindeutig belegt, dass die Betreiber von Kupferanlagen fast keine Angst vor EC haben müssen.
Vorausgesetzt, das Kupfer wird gepflegt. Also immer reinigen und aktivieren.

gruss prunus

RE: Angst vor Methanol? Ethylcarbamat ist gefährlicher!

Amarok am 11.11.2013 20:44:29 | Region: Stmk.
Die oben genannten Kupfersalze sind aber auch sehr umstritten. Ich hab mir diesbezüglich auch schon des Öfteren Gedanken darüber gemacht.
Heuer hab ich auch das erste mal versucht die Kerne vor dem Maischen zu entfernen. Bin schon neugierig wie der Geschmack sich entwickelt.
Ich denke aber dennoch wenn sauber gearbeitet wurde und Schnaps nur in geringen Mengen konsumiert wird, sollte es unbedenklich für die Gesundheit sein. Und was ist heute schon nicht alles Krebserregend...?

RE: Angst vor Methanol? Ethylcarbamat ist gefährlicher!

Franky_begood am 14.11.2013 13:52:29 | Region: Slowenien
Hallo Serge,

vielen Dank für den Beitrag! Sehr interessant und durchaus bedenklich wenn man im Internet ein wenig recherchiert.
Als eine der wichtigsten Maßnahmen werden ja Entfernen der Kerne und rasches Abbrennen der Maische genannt.
Beides natürlich schon ein wenig Problematisch:
Frühzeitige Abbrennen wäre ja absolut negativ bei hochgradigen Maischen, weil hier immer sehr auf eine längere Lagerung der Maisch hingewiesen wird!
Entfernen der Kerne in der Maische wird zwangsläufig auch den Geschmack des Brandes beeinflussen - und nach meinem Geschmack auf alle Fälle negativ. Für mich gehört zur Zwetschke, Kirsch und vor Allem Schlehe das Mandelaroma.
Stellt sich die Frage, wie viel EC wirklich in den Bränden ist und was wirklich als schädlich gilt. Auch wenn hier der EC Gehalt 10 oder 100 mal höher ist als zum Vergleich in anderen Lebensmitteln, so ist auch zu berücksichtigen wie viel man davon zu sich nimmt und welche Gesamtmengen man so konsumiert. Wenn ich jeden Tag eine Flasche Slivo konsumiere, wird mich sicher nicht erst das EC umbringen :-)
Trotzdem hat mich den Hinweis zum Nach- und evtl. Umdenken gebracht.

Ich werde zumindest mal versuchen nach dem Maischen bzw. nach der Gärung mal einen Großteil der Kerne zu entfernen, das geht ja vergleichsweise gut. Außerdem werde ich es mir zum Anlass nehmen, den Kupferhelm meiner Anlage vor jedem Brand auf Hochglanz zu polieren.

Was auch interessant in den Artikeln ist, dass von der Verwendung des Nachlaufs abgeraten wird, da sich durch nochmaliges Brennen zwar das EC entfernet werden kann, nicht aber die noch vorhanden Blausäure - womit der Kreislauf von neuem beginnt...

RE: Angst vor Methanol? Ethylcarbamat ist gefährlicher!

Spiritnoob am 23.08.2018 08:50:24 | Region: Austria

Hallo zusammen,


habe vor ein paar Tagen meine erste Zwetschgenmaise (und meine erste Maische generell) angelegt. Vorher habe ich 7,5 Liter Zwetschgen in 2 Liter Schritten im Stand-Mixer etwas zerkleinert. Trotzdem dass ich aufgepasst habe keine Kerne mit in die Maische zu bekommen hat sich doch ein Kern in eine Ladung in den Mixer verirrt.

Im Mixer hat es gerasselt und habe dann versucht den Kern beim Eingiessen in das Fass herauszufischen. Konnte den zerbrochenen Kern zur Hälfte herausfischen und der andere Teil ist wohl jetzt in der Maische.


Muss ich mir Sorgen machen? 

Kann das jetzt gar nicht einschätzen.


Ich habe einen Shop gefunden, der ein Fläschchen CYANUREX Kupfer(I)Chlorid verkauft um der Blausäure vor dem Destilieren und den später entstehenden Verbindungen im Destillat entgegenzuwirken. 

Sicherheitshalber kaufen und zugeben?


Vielen Dank schon mal.


Grüße

Spiritnoob

RE: Angst vor Methanol? Ethylcarbamat ist gefährlicher!

Mike am 23.08.2018 02:05:59 | Region: Irgendwo

EIN Kern? Da würde ich mir nun wirklich keine Sorgen machen. Mir persönlich schmecken die (aufgebrochenen) Kerne übrigens sehr gut. Die esse ich gerne pur oder gebe auch welche in die Marmelade. Das ist natürlich kein Beleg für die Ungefährlichkeit.


Ich habe letztens in einem Test rund 30 aufgebrochene Kerne der Türkenkirsche auf ca. 6 Liter Maische mitdestilliert. Ich konnte keinerlei (!!) Unterschied feststellen. Von einem ausgeprägten Mandelaroma mal ganz zu schweigen. Was die Kerne aber haben. Die Maische hatte ich kernfrei vergoren.

RE: Angst vor Methanol? Ethylcarbamat ist gefährlicher!

Spiritnoob am 23.08.2018 04:00:15 | Region: Austria

Hallo Mike,


ja es war sogar nur ein halber Kern.

Wie gesagt ist das alles noch ganz neu für mich und bin da lieber vorsichtig.


In einem Shop habe ich ganz unten einen Interessanten Textabschnitt (unter "Hintergrund") gefunden, wo die Bildung von Ethylcarbamat vom Frucht bis Destillat ganz genau beschrieben wird, dort heisst es unter anderen:

[...] Die Aufspaltung des Amygdalins in die genannten drei Komponenten erfolgt im Laufe der Maischevergärung und -lagerung, katalysiert von ebenfalls in den Steinen enthaltenen Enzymen. Somit ge-langen vor allem aus geknackten Steinen und während langer Lagerdauer unerwünscht hohe Mengen an Blausäure, aber auch Benzaldehyd in die Maische. Beide Substanzen sind flüchtig und gehen bei der Destillation ins Destillat über. [...]

Du hattest geschrieben dass du die Kerne nicht mitvergoren hast, somit sollte das nach oben stehender Aussage auch nicht so schlimm sein, da das Amygdalin in den Kernen wohl vor allem bei der Vergärung und lagen Lagerung herausgelöst wird.


Deine Aussage beruhigt aber trotzdem.

Gerne bin ich für weitere Meinungen dankbar...


Grüße

Spiritnoob